Ende vom Homeoffice: Rechtmäßige Anordnung der Vor-Ort-Präsenz setzt sachliches Interesse des Arbeitgebers voraus
Was während der Corona-Pandemie noch als Zukunftsmodell der Arbeit gepriesen wurde, legt zunehmend den Rückwärtsgang ein: Arbeit im Homeoffice. Doch so einfach, wie es sich die Unternehmen oft vorstellen, ist der Weg zurück in die Vor-Ort-Präsenz nicht. So musste sich das Landesarbeitsgericht Köln (LAG) mit der Frage beschäftigen, wann und unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer zurückbeordern kann.
Der betreffende Projektmanager arbeitete seit 2017 für seine Arbeitgeberin, ein Planungs- und Projektmanagementbüro für die Autozulieferindustrie. Er entwickelte jeweils projektbezogen nach den konkreten Anforderungen der einzelnen Kunden Industrielösungen entlang der gesamten Prozesskette - und zwar zu 80 % aus dem Homeoffice oder bei den Kunden des Autozulieferers. Nach seinem Arbeitsvertrag bezog sich sein Einsatzort je nach Projekt auf die gesamte Unternehmensgruppe, die von verschiedenen deutschen Standorten aus operierte. Dann entschied sich die Arbeitgeberin, den Standort des Unternehmens zu schließen, an dem der Arbeitnehmer grundsätzlich beschäftigt war. Sie versetzte ihn an einen 500 km entfernten Arbeitsplatz und widerrief die Erlaubnis, im Homeoffice zu arbeiten. Zugleich kündigte sie vorsorglich das Arbeitsverhältnis - verbunden mit dem Angebot, es zu geänderten Arbeitsbedingungen am neuen Standort fortzusetzen.
Das wollte sich der Arbeitnehmer nicht gefallen lassen und erhob eine Kündigungsschutzklage sowie eine Klage gegen die Versetzung. Insbesondere berief er sich darauf, dass die Arbeitgeberin statt der Änderungskündigung als milderes Mittel jedenfalls das Angebot eines Homeofficearbeitsplatzes hätte anbieten müssen.
Das sah das LAG nicht anders: Sowohl die Versetzung als auch die hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung waren unwirksam. Das Gericht wies darauf hin, dass die Arbeitgeberin bei der Erteilung von Weisungen wie der Streichung des Homeoffice billiges Ermessen zu berücksichtigen habe. Sie hätte demnach die berechtigten Belange des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigen müssen. Und hier überwogen die Interessen des Arbeitnehmers. Das LAG wies ferner darauf hin, dass es ein überwiegendes sachliches Interesse der Arbeitgeberin benötige, um eine Versetzung aus dem Homeoffice von einem Ort, wo der Arbeitnehmer familiär, logistisch im Freundeskreis und in der Kultur verortet ist, in ein 500 km entferntes Büro durchsetzen zu können. Das hielt das Gericht hier nicht für gegeben. Zwar sei die Versetzung wegen der Betriebsschließung notwendig gewesen. Das galt jedoch nach Ansicht des Gerichts nicht für den Widerruf der Homeofficeerlaubnis.
Hinweis: Es ist also nicht immer einfach, per Direktionsrecht einen Arbeitnehmer zurück in den Betrieb zu versetzen. Denn stets ist eine Interessenabwägung vorzunehmen.
Quelle: LAG Köln, Urt. v. 11.07.2024 - 6 Sa 579/23
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(aus: Ausgabe 03/2025)