Wiedereinsetzungsantrag abgelehnt: Wer zu spät kommt, den bestraft der Anwaltsgerichtshof

Wer eine Frist oder einen Termin bei Gericht verpasst, kann unter Umständen einen sogenannten Wiedereinsetzungsantrag stellen. Allerdings müssen dafür gewisse Voraussetzungen vorliegen, wie der Anwaltsgerichtshof Nordrhein-Westfalen (AGH) kürzlich festgestellt hat. Klar wird hier, dass auch Menschen, die es erfolgreich durch zwei haarige Juraexamen geschafft haben, manchmal an lebenspraktischen Planungen scheitern können.

Eine Rechtsanwältin musste um 13 Uhr zu einem Termin erscheinen. Warum sie diesen Termin verpasste? Weil sie erst 75 Minuten zuvor mit ihrem Pkw aufgebrochen war, was für ein pünktliches Eintreffen bei der gegebenen Entfernung schon rein rechnerisch eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 60 km/h voraussetzte. Innerstädtisch ist diese Geschwindigkeit nicht gestattet. Verzögerungen müssten also außerorts kompensiert werden, was an einem Freitagmittag quer durch das zusätzlich von Baustellen durchzogene Ruhrgebiet von vornherein ausgeschlossen ist. Eine derartige Planung der Anfahrtszeit ist zudem dann unzureichend, wenn die Rechtsanwältin nicht über ein funktionsfähiges Mobiltelefon verfügt, mit dem sie dem Gericht eine etwaige unvorhersehbare Verzögerung mitteilen könnte. Zu den zumutbaren Maßnahmen zählt dann, eine Tankstelle oder einen Rastplatz anzufahren, um das Gericht telefonisch von dort aus über eine drohende verspätete Ankunft zu unterrichten. Und zu guter Letzt hätten für das Parken des eigenen Pkw und den Fußweg in den Saal bei sorgfältiger Planung weitere Zeiträume berücksichtigt werden müssen. Dazu gehört im Übrigen auch das Mitführen des Rechtsanwaltsausweises. Denn ohne den Ausweis muss mit längeren Wartezeiten beim Zugang zum Gerichtsgebäude gerechnet werden.

Nach dieser Aneinanderreihung nicht umgesetzter Vorkehrungen ist leicht zu erahnen, was folgte: Hier lehnte der AGH den Wiedereinsetzungsantrag der Rechtsanwältin ab.

Hinweis: Versäumt ein Rechtsanwalt eine Frist oder einen Termin, sollte das offen kommuniziert werden. Natürlich sollten Fehler nicht passieren, und tatsächlich geschieht dies lediglich in sehr seltenen Fällen. Wichtig ist es dann, den Schaden zu begrenzen und über den Fehler miteinander zu sprechen.


Quelle: AGH NRW, Urt. v. 05.09.2024 - 2 AGH 1/24
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 12/2024)