Behördliche Meinungsänderung: Kann das Finanzamt eine verbindliche Auskunft ändern?

Wenn man sich über die steuerlichen Konsequenzen eines Sachverhalts nicht ganz sicher ist, kann man beim Finanzamt eine verbindliche Auskunft beantragen, soweit der Sachverhalt erhebliche steuerliche Auswirkungen hat. Hierzu wird dem zuständigen Finanzamt der geplante Sachverhalt beschrieben. Das Finanzamt ist dann an seine Auskunft gebunden, wenn diese vor Verwirklichung des Sachverhalts erteilt wurde und auch ursächlich für dessen Verwirklichung ist. Wenn sich der Sachverhalt ändert, entfällt auch die Bindung. Für eine verbindliche Auskunft erhebt das Finanzamt Gebühren. Deren Höhe hängt vom Gegenstandswert oder der aufgewendeten Zeit ab.

Im Streitfall vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) hatte die Klägerin auch eine verbindliche Auskunft beantragt. Allerdings stellte sich dem FG unter anderem die Frage, wie "verbindlich" diese tatsächlich ist.

Die Klägerin ist eine Wohnungsgenossenschaft, die Wohnungen an ihre Mitglieder vermietet. Um bezahlbare Mieten zu gewährleisten, entwickelte sie ein Konzept, das ihren Mitgliedern die Möglichkeit bieten sollte, auch freiwillige Genossenschaftsanteile zu zeichnen. Diese sollten nicht an den Gewinnausschüttungen der Klägerin teilnehmen, im Gegenzug aber den Anteilszeichnern eine Minderung der monatlichen Miete garantieren.

Für dieses Konzept stellte die Klägerin einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft. Das Finanzamt sah zwar die Möglichkeit einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA), schloss sie im Streitfall aber aus. Nach einer Außenprüfung qualifizierte es jedoch die Mietminderung als Vergütung für die Überlassung von Fremdkapital und nahm in Höhe der Mietminderung eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung vor.

Die Klage vor dem FG war erfolgreich. Bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung sind nur Entgelte zu berücksichtigen, die Gegenleistungen für die Zurverfügungstellung von Fremdkapital darstellen. Allerdings handelt es sich bei den Genossenschaftsanteilen, durch die die Miete reduziert wird, um Eigenkapital. Daher scheidet die Hinzurechnung bei der Gewerbesteuer aus.

Eine andere Berücksichtigung der Mietminderung - etwa als vGA - ist aufgrund der erteilten verbindlichen Auskunft ausgeschlossen. Danach stellen die Mietminderungen keine vGA der Klägerin an die Mitglieder dar. Auch eine Qualifizierung als offene Gewinnausschüttung oder andere Maßnahme der Einkommensverteilung scheidet dadurch aus.

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(aus: Ausgabe 10/2024)