Parklückenunfall: Haftungsverteilung nach Kollision zwischen Wendendem und Rückwärtsfahrendem

Die Parklücke ist in manchen Straßen des Landes ein gar seltenes und entsprechend begehrtes Kleinod für den motorisierten Verkehrsteilnehmer, vor allem in Städten wie Hamburg. Eine solche Parklücke stand zuerst im Fokus zweier Autofahrer, bevor sie in den Mittelpunkt einer Entscheidung des Landgerichts Hamburg (LG) rückte. Die Frage war wie so oft: Wer haftet für den Schaden, und in welcher Höhe?

Es gibt Tage, an denen hat man kein Glück, und dann kommt auch noch Pech hinzu. So in etwa trafen eine Einparkende und ein Wendender zusammen, jeweils in ihren Fahrzeugen. Die Frau wollte gerade rückwärts in eine Parklücke einparken, als zeitgleich der Mann in seinem Pkw auf der Gegenfahrbahn wendete und ebenfalls in die Lücke einfuhr. Dass beide Verkehrsteilnehmer dieses Zusammentreffen als nicht erfreulich betrachtet haben, war klar. Dennoch kam es zu einem zweimaligen Wiedersehen - final vor dem LG, das über die Schadensersatzforderungen der beiden Beteiligten entscheiden musste.

Die erste Instanz legte noch paritätisch eine Haftungsquote von 50 : 50 fest. Damit war die Frau nicht einverstanden und legte Berufung ein. Das LG teilte ihre Ansicht und befand, dass eine Haftungsquote von 70 : 30 zu Lasten des Mannes angemessen sei. Als Wendender habe er nämlich sehen müssen, dass vor ihm ein Einparkmanöver stattfindet. Daher hätte sogar eine Alleinhaftung in Frage kommen können, da das Wendemanöver schlussendlich zur Kollision geführt habe. Es war aber zu berücksichtigen, dass die andere Beteiligte rückwärts fuhr und daher eine gesteigerte Sorgfaltspflicht hatte. Bei einem derartigen Einparkmanöver müsse nicht nur der unmittelbar hinter dem Rückwärtsfahrenden liegende Verkehrsraum beobachtet werden, sondern auch der seitlich liegende. Das habe die andere Beteiligte hier versäumt. Daher sei ihr ein Mitverschulden von 30 % anzurechnen.

Hinweis: Das Gericht stellte klar, dass die Pflicht zur Rückschau beim Rückwärtsfahren nicht mit einem einmaligen Blick in den Rückspiegel getan ist. Vielmehr wird eine ständige Beobachtung des Bereichs hinter dem Fahrzeug während des gesamten Rückwärtsfahrvorgangs gefordert. Dies dient dazu, auch Verkehrsteilnehmer zu bemerken, die sich erst während des Einparkmanövers nähern. Das Gericht betonte, dass man sich vergewissern müsse, dass der Gefahrraum hinter dem Fahrzeug frei ist und auch frei bleibt.
 
 


Quelle: LG Hamburg, Urt. v. 19.12.2024 - 323 S 22/23
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 08/2025)