Gesamtumstände zählen: Gutgläubiger Erwerb eines Pkw in Betrugsfällen
Was Juristen mit "Kommt drauf an" meinen, wenn sie pauschal Bewertungen zu Rechtsfällen abgeben sollen, zeigt dieser Fall des Landgerichts Frankenthal (LG) hervorragend auf. Die Vorlage eines Fahrzeugbriefs gilt bei einem Autokauf normalerweise als Beweis, es mit dem Eigentümer zu tun zu haben. Doch auch die weiteren Umstände können dazu führen, einen Betrug erkennen und sich im Nachhinein nicht auf einen gutgläubigen Erwerb stützen zu können.
Der Käufer hatte einen Pkw von einem Betrüger für mehr als 35.000 EUR erworben, doch die Freude währte nicht lang. Denn nur kurze Zeit nach dem Kauf beschlagnahmte die Polizei das Fahrzeug und gab es dem ursprünglichen Eigentümer zurück, der es anschließend für knapp 49.000 EUR weiterverkaufte. Der betrogene Käufer reklamierte nun den Kaufpreis; schließlich sei er trotz des Betrugs Eigentümer des Fahrzeugs geworden, nachdem er im Internet darauf gestoßen war und sich im Saarland zur Besichtigung verabredet hatte. Auf dem Weg dorthin habe er die Mitteilung erhalten, dass das Kind des Verkäufers einen Treppensturz erlitten habe und in einem Krankenhaus in Frankreich liege. Dorthin sei er nunmehr umgeleitet worden, wo der Kauf auf dem Parkplatz durch Barzahlung dann auch abgewickelt worden sei. Der Betrüger habe einen - vermeintlich - echten Fahrzeugbrief und einen belgischen Aufenthaltstitel vorgelegt. Er habe deshalb daran glauben dürfen, dass das Fahrzeug diesem auch gehört habe.
Das LG hat die Klage des betrogenen Autokäufers abgewiesen. Er habe als Käufer trotz Vorlage des scheinbar echten Fahrzeugbriefs grob fahrlässig gehandelt und das Fahrzeug daher nicht gutgläubig erworben. Denn die Umstände des Verkaufs hätten beim Käufer Zweifel erregen müssen, ob er den wahren Eigentümer vor sich hatte. Der Verkäufer hatte einen belgischen Aufenthaltstitel vorgelegt, obwohl im Kaufvertrag als Wohnsitz "Frankenthal" angegeben und das Fahrzeug mit deutschem Kennzeichen zugelassen war. Auffällig war ferner, dass der Verkäufer ursprünglich als Treffpunkt das vom angegebenen Wohnort abweichende Dillingen/Saar genannt habe. Typisch für unlautere Automobilgeschäfte dieser Art waren auch das Bargeschäft und die kurzfristige telefonische Verlegung des Verkaufsorts an einen fremden und noch dazu im Ausland befindlichen Ort. Nach alledem konnte der Käufer dem Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht entgehen. Im Betrugsfall muss der Käufer das Fahrzeug dem wahren Eigentümer zurückgeben und bleibt folglich auf dem gezahlten Kaufpreis als Schaden sitzen.
Hinweis: Legt der Verkäufer beim Gebrauchtwagenkauf den Fahrzeugbrief vor, kann sich der Käufer normalerweise darauf verlassen, dass er es auch tatsächlich mit dem Eigentümer und nicht mit einem Betrüger zu tun hat. Der Käufer eines Gebrauchtwagens handelt trotz Vorlage eines Fahrzeugbriefs aber dann grob fahrlässig, wenn die Umstände Zweifel an der Eigentümerstellung des Verkäufers hätten erregen müssen.
Quelle: LG Frankenthal, Urt. v. 03.04.2025 - 3 O 388/24
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(aus: Ausgabe 08/2025)