Schadensersatz wegen Darlehenszinsen: Eheliche Wohlverhaltenspflichten enden nicht mit der Scheidung
Wer meint: "Ab sofort sind wir getrennte Leute!", muss sich als Verheirateter darüber im Klaren sein, dass eheliche Tischtücher hierzulande nicht so schnell durchtrennt sind, wie es sich so manche Ehepaare wünschen. So sind mit Nachwirkungen der Ehe juristisch nicht etwa emotionale Wunden, sondern vielmehr die Konsequenzen einst gemeinsam getroffener Entscheidungen gemeint, die sogar bis nach der Scheidung beide Seiten in die Verantwortung ziehen. Eine solche Nachwirkung hat das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) im Folgenden zu bewerten gehabt.
Schon seit 2003 war ein Paar geschieden, aber durch eine gemeinsame Immobilie ließ sich die Verbindung nicht zeitnah auflösen. Seit 2017 stritten sie mittels Teilungsversteigerungsverfahren, während 2019 die Zinsbindungsfrist des Immobiliendarlehens auslief. Die Bank unterbreitete dem Mann ein Angebot zur Anschlussfinanzierung, aber dazu kam es mangels Unterschrift der Frau nicht. Das Darlehen wurde daher weiterhin mit über 6 % "Tageszins" statt mit den von der Hausbank angebotenen 1,2 % verzinst. Der Mann behauptete, es hätten ihm von anderen Banken noch bessere Angebote mit unter 1 % Zinsen vorgelegen. Daher wollte er die Differenz - den Zinsschaden - nun von der Frau erstattet bekommen.
Der hätte auch ihm zugestanden, wenn er seine Behauptungen hätte beweisen können. Schließlich gebe es gewisse "Wohlverhaltenspflichten", die sich aus der ehelichen Beistandspflicht ergeben und nicht mit der Scheidung enden. Zerrüttung und Trennung der Ehe heben solche Verpflichtungen eben nicht auf. Dementsprechend muss ein Ehegatte als Nachwirkung der Ehe auch noch nach deren Scheidung finanzielle Lasten des anderen vermindern, soweit ihm dies ohne Verletzung der eigenen Interessen möglich ist. Und auch aus der Bruchteilsgemeinschaft kann ein Teilhaber vom anderen in Bezug auf das gemeinsam finanzierte Grundstück eine dem Interesse aller Teilhaber dienende und billigem Ermessen entsprechende Verwaltung verlangen. Allerdings muss dann aber auch ein konkretes Angebot nachgewiesen werden, das dem Ehepartner zudem auch nachweislich zugegangen sein muss. Daran fehlte es dem OLG hier.
Hinweis: Bei einer Berechnung der Höhe des Schadens wäre zu berücksichtigen gewesen, dass ein Darlehen ohne Kündigungsfrist/Vorfälligkeitsentschädigung auch Vorteile hat, wenn die Verwertung der Immobilie demnächst ansteht. Unter diesem Gesichtspunkt wäre es ohnehin nicht anzuraten gewesen, ein Darlehen mit langer Laufzeit des günstigen Zinses wegen abzuschließen.
Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 10.03.2023 - 13 UF 117/22
zum Thema: | Familienrecht |
(aus: Ausgabe 05/2023)