Leiharbeitnehmer: Wiederholt befristete Einsätze begründen keine erste Tätigkeitsstätte

Unterhält ein Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte, so kann er seine Fahrtkosten zum Arbeitsort nur mit der Entfernungspauschale von 0,30 EUR (ab dem 21. Kilometer: 0,38 EUR) abziehen. Die Pauschale gilt nur für die einfache Entfernung zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte, so dass sich nur ein Weg pro Tag steuermindernd auswirkt. Besteht keine erste Tätigkeitsstätte, lassen sich die Pendelfahrten zur Arbeit deutlich besser absetzen - und zwar nach Reisekostengrundsätzen mit 0,30 EUR pro tatsächlich gefahrenem Kilometer (also Hin- und Rückweg).

Ob ein Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte unterhält, entscheidet sich primär nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen des Arbeitgebers. Sofern dieser den Arbeitnehmer einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung dauerhaft zuordnet, liegt dort seine erste Tätigkeitsstätte. Von einer solchen dauerhaften Zuordnung ist nach dem Einkommensteuergesetz insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer

  • unbefristet,
  • für die Dauer des Dienstverhältnisses oder
  • über einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten

an einer Tätigkeitsstätte tätig werden soll.

Ein neues Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zeigt, dass bei befristeten Einsätzen im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses häufig keine dauerhafte Zuordnung in diesem Sinne vorliegt, so dass der Arbeitnehmer an seinem Einsatzort keine erste Tätigkeitsstätte begründet und seine Pendelfahrten zur Arbeit nach Reisekostengrundsätzen absetzen kann.

Geklagt hatte ein Leiharbeitnehmer, der einen unbefristeten Arbeitsvertrag bei einer Zeitarbeitsfirma (Verleiher) abgeschlossen hatte. Er war ab Vertragsbeginn ausschließlich bei einem Kunden (Entleiher) eingesetzt. Die Einsätze waren jeweils befristet, schlossen im Streitjahr 2014 aber nahtlos aneinander an.

Der BFH urteilte, dass der Leiharbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte beim Entleiher begründet hatte, da es an einer dauerhaften Zuordnung fehlte. Der Arbeitnehmer hatte zwar in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu seinem Verleiher gestanden, er war der betrieblichen Einrichtung des Entleihers jedoch weder unbefristet noch für die Dauer seines Beschäftigungsverhältnisses zugeordnet gewesen. Auch die dritte Fallvariante der dauerhaften Zuordnung (Zeitraum über 48 Monate) war im vorliegenden Fall offensichtlich nicht gegeben. Im Ergebnis konnte der Arbeitnehmer seine Fahrten zum Entleiher damit nach Reisekostengrundsätzen als Werbungskosten abziehen.

Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmer
zum Thema: Einkommensteuer

(aus: Ausgabe 01/2023)