Freiwilligendienst "Erasmus+": Kindergeldanspruch setzt Teilnahme an anerkanntem Projekt voraus

Hat ein Kind das 18. Lebensjahr vollendet, erhalten Eltern nur noch dann Kindergeld und Kinderfreibeträge, wenn bestimmte "Verlängerungstatbestände" des Einkommensteuergesetzes erfüllt sind, beispielsweise wenn das Kind

  • für einen Beruf ausgebildet wird,
  • sich in einer höchstens viermonatigen Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befindet oder
  • bestimmte Freiwilligendienste (z.B. Freiwilliges Soziales Jahr, Freiwilliges Ökologisches Jahr) absolviert.

Hinweis: In allen Fällen erhalten Eltern die kindbedingten Vergünstigungen aber längstens bis zum 25. Geburtstag des Kindes.

In die dritte Gruppe fallen auch Freiwilligendienste, die ein Kind im Rahmen von "Erasmus+" ableistet - einem EU-Programm für Bildung, Jugend und Sport, das die bisherigen EU-Programme für lebenslanges Lernen, Jugend und Sport sowie die europäischen Kooperationsprogramme im Hochschulbereich zusammenfasst.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass ein Kindergeldanspruch aufgrund der Teilnahme an einem "Erasmus+"-Freiwilligendienst aber nur dann besteht, wenn das Kind an einem Projekt teilnimmt, das von einer nationalen Agentur anerkannt wurde.

Im zugrundeliegenden Fall hatte eine volljährige Tochter 2018 einen Freiwilligendienst in Großbritannien absolviert. Die zuständige Familienkasse hatte die vom Vater beantragte Weitergewährung von Kindergeld für diesen Zeitraum abgelehnt, wogegen Letzterer klagte. In erster Instanz sprach das Finanzgericht Sachsen (FG) ihm den Kindergeldanspruch zu und stützte sich dabei darauf, dass der Programmanbieter des Freiwilligendienstes nach dem Europäischen Jugendportal ein von der Europäischen Kommission für das Programm "Erasmus+" anerkannter Veranstalter sei.

Der BFH hob das finanzgerichtliche Urteil nun mit der Begründung auf, dass alleine eine Registrierung und Akkreditierung als Veranstalter für das Programm "Erasmus+" nicht ausreichen, um den Freiwilligendienst kindergeldrechtlich anzuerkennen. Es müsse darüber hinaus die Teilnahme des Kindes an einem genehmigten Projekt nachgewiesen werden, da nur dann die Einhaltung der Förderziele gewährleistet sei. Insbesondere müsse sichergestellt werden, dass keine Unternehmenspraktika, Sprachkurse oder Maßnahmen zur Ausnutzung billiger Arbeitskräfte gefördert würden.

Hinweis: Das FG muss nun in einem zweiten Rechtsgang prüfen, ob die Tochter im Rahmen eines anerkannten Projekts tätig geworden ist. Hiervon wird abhängen, ob dem Vater der Kindergeldanspruch zugesprochen werden kann.

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zum Thema: Einkommensteuer

(aus: Ausgabe 01/2021)